"Abwarten und Teetrinken"
Teehaus im Setagayapark in Wien
© Sam
In allen Kulturen, wo es der Tee zu einer gewissen kulturellen Reife gebracht hat, ist das Teetrinken mit einem Zustand der Ruhe und mit Gelassenheit verbunden.
SaM
Es ist ein Innehalten. Ein Unterbrechen der Tageshektik, um wieder Abstand zu gewinnen. Oftmals findet sich ein ritualisiertes Verhalten, mit einem hohen Grad von Achtsamkeit.
"Ich mache uns eine Tasse Tee!" Mit dieser Aussage verbinde ich unzählige Erlebnisse, bei denen eine Person eine andere wieder beruhigen will. Man macht Tee damit wieder Ruhe einkehren kann, wo gerade Hektik ist. Es ist oft ein Tee, der Geborgenheit und Sicherheit vermittelt, wenn gerade Angst und Unsicherheit vorherrscht.
Tee zu kochen benötigt Zeit. Und es bedarf einer gewissen Ruhe. Das Wasser muss zum Kochen gebracht werden, und die Utensilien wollen hergerichtet werden. Beim Aufgießen mit beinahe kochenden Wasser, darf man nichts überstürzen und man sollte sehr aufmerksam sein. Nach dem Aufguss soll der Tee noch einige Minuten ziehen. Und auch in der Tasse sollten wir den Tee noch auskühlen lassen, bis er genießbar ist, ohne dass wir uns verbrühen. Erst dann, viele Minuten später, können wir vorsichtig mit den Lippen einen ersten kleinen Schluck wagen.
Bis zu diesem Zeitpunkt können wir eine Vielzahl von sinnlichen Genüssen erleben. Schon beim Öffnen der Teedose strömt uns der unvergleichliche Duft des Tees in die Nase. Wir können die Hitze des kochenden Wassers förmlich spüren und den dumpfen Klang des Wassers in uns aufnehmen, wenn der Tee überbrüht wird. Jetzt erst, durch das heiße, dampfende Wasser, entfaltet der Tee sein volles Aroma, das den ganzen Raum durchzieht und oft eine Vielzahl von Gefühlen und Erinnerungen in uns hochkommen lässt. Erst ganz zum Schluss, wird er mit den Geschmacksknospen der Zunge abgetastet und letztendlich genossen. Und in der kühlen Jahreszeit, gibt jeder Schluck dem Körper eine wohlige Wärme und ein Gefühl der Geborgenheit.
In Japan wurde durch den Einfluss des Zen-Buddhismus aus dem Teetrinken eine eigene Kunstform. Neben der Kalligraphie und der Blumensteckkunst, ist der Teeweg eine bedeutende Zen-Kunst mit vielen Anhängern. Das Teetrinken wird dabei zum Ausdruck der völligen Einheit von Geist, Seele und Körper. Es ist ein Weg der Meditation und der Einkehr. Ein strenges Ritual umfasst dabei den Vorgang des Begrüßens, des Teekochens und des gemeinsamen Teeverzehrs.
Aber wir müssen nicht nach Japan schauen, um dem beruhigenden Effekt des Tees nachzuspüren. Schon das Sprichwort "Abwarten und Teetrinken" lässt uns erkennen, dass eine Tasse Tee, in Ruhe gekocht und genossen, den entsprechenden Abstand zum oftmals hektischen Alltag herzustellen vermag. Für mich ist es ein Aufruf, nicht in Hektik zu verfallen, eine Übung in Gelassenheit.